Toni Calzaferri
Der Eisenplastiker Toni Calzaferri nutzt aufs höchste technisierte Elemente
der industriellen Produktion, um existentielle Befindlichkeiten des Menschen auszudrücken.
Industrieschrott von der Alteisenhalde und von Neuheit glänzende Maschinenteile
vermitteln den Eindruck einer unüberschaubaren Lebenswelt, die dem Menschen fremd geworden ist.
Kreis und Quadrat als einfachste geometrische Formen symbolisieren den Zusammenprall von
unvereinbaren Gegensätzen. In den Plastiken halten sich diese tonnenschweren Formen die Waage,
gehen ein labiles Zusammenspiel ein. „Stillstand" von 1990 ist ein Schlüsselwerk für die
künstlerische Vorgehensweise Calzaferris: Auf einer abschüssigen Stahlplatte hält sich
eine grosse stehende Kreisscheibe. Sie befindet sich unbefestigt, im labilen Gewichtszustand.
Jeden Augenblick scheint sie herunterrollen zu können. Aber ihr keilförmiger Zuschnitt
bedingt eine Verlagerung des Schwerpunkts in den oberen, breiteren Teil. Die Plastik
erzählt so die Geschichte eines unwahrscheinlichen Zustands, der anscheinend den
physikalischen Gesetzmässigkeiten widerspricht. Der Status quo verliert alles von seiner
faktischen, unhinterfragbaren Gegebenheit und zeigt sich als gefährdeter Stillstand in
einem System, in dem Bewegung das Wahrscheinlichste ist. In den Brunnenplastiken übernimmt
das Regenwasser die Rolle der unkontrollierbaren äußeren Einwirkung, durch die das
Kräftegleichgewicht verschoben werden kann. In „Balance" von 1994 wird eine Eisenschale
von 4 m Durchmesser von einem schweren randständigen Würfel angehoben und so im
exzentrischen Gleichgewicht gehalten. Jahresringen gleich zeichnet die Witterung
mit dem steigenden und sinkenden Wasserspiegel Kreise in das Rund der schrägstehenden Schale.
Graphische Arbeiten begleiten die Erarbeitung der skultpuralen Form und führen den Gedanken
von statischen geometrischen Elementen, die in Bewegung gesetzt werden, fort.
Die Prägedrucke entstehen ausschließlich aus den für die Skulpturen verwendeten Materialien.
Aus Eisenblech ausgeschnittene Formen ergeben eine lebendige, radierungsähnliche
Flächenstruktur, in der sich das plastische Moment deutlich abzeichnet.
- 1947 geboren in Kirchberg, SG
- seit 1984 freischaffender Künstler, Beginn der Eisenplastiken
- 1992 Adolf-Dietrich-Föderpreis
- lebt in Zuzwil, St. Gallen. Arbeitet in CH-9543 St. Margrethen, Sedel
Aufträge im öffentlichen Raum
- 1989 Brunnen, Klosterschule St. Katharinen, Wil
- 1994 „Balance", Eidgenössische Forschungsanstalt, Tänikon
- 1996/97 „Wasserwaage", Schulhaus Waldegg, Münchwilen
Ausstellungen
- 1992 Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen
- 1995 Atelier Galerie, St. Gallen
- 1996 Galerie Schönenberger, Kirchberg
- 1997 Kunsthalle, Wil, SG
Literatur
- Monographie „Gegengewichte", mit einem Text von Frank Nievergelt,
hg.v. Kunsthalle Wil SG, E‘Galerie Susi Landolf, Optikon ZH, Verlag sec 52, ricco bilger, Zürich, 1997
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