Matthias Holländer
„Der Fotorealismus Matthias Holländers stellt sich quer zur klassischen Auffassung von
Abbildlichkeit und Repräsentation. Die glatten Oberflächen der großformatigen Öl- und
Acrylbilder wirken so täuschend wirklichkeitsgetreu, daß sich der Betrachter mit der
Nagelprobe von ihrer Gemaltheit überzeugen will. Aber gerade diese Lückenlosigkeit der
Illusion ist befremdend - den menschenleeren, oft düsteren Motive haftet etwas
Unwirkliches und Fantastisches an. Holländer arbeitet gegen eine „wortwörtliche"
Wahrnehmung, gegen ein Sehen, das durch Begriffe vorgeformt und normiert ist. Das
Eingeständnis der Geschichtlichkeit unseres Sehens läßt die Begriffe „Abbildlichkeit"
und „Realismus" fragwürdig werden - die Fotografie, lange Zeit als objektiver „pencil
of nature" gerühmt, wird zum Instrument der Subjektivität. Durch Manipulation der
Lichtführung, Farbgebung, Perspektive und Collage verfremdet Holländer die vorgefundene
Wirklichkeit zu einer utopischen Welt, deren Existenz dennoch nicht angezweifelt werden
kann. Denn das Sehen des Unsichtbaren beginnt schon in der fotografischen
Vorlage: bevorzugte Motive Holländers sind Spiegelungen, Lichteffekte, komplexe
architektonische Strukturen, die sich einer Festlegung durch den benennenden Blick
entziehen. Meist sind es Objekte, die ihren Zweck verloren haben - verlassene
Gebäude, verrottende Maschinen, zerbrochene und blinde Fenstersichten. Es sind
menschliche Artefakte, die durch ihre Zweckfreiheit ein eigene Naturhaftigkeit
entwickeln. Was aus der Distanz schlicht wie eine Nachahmung dieser Kultur-Natur
erscheint, löst sich bei näherem Hinsehen auf in ein pointillistisches Meer von
Farbpixeln. Die maschinell-indifferente Erfassung per Knopfdruck weicht einer
körperlich durchlebten Erfahrung: Durch das Auftragen unzähliger Farbschichten, durch
wiederholtes Abschleifen der Oberfläche gewinnt die Malerei den in der fotografischen
Illusion verlorenen Zeitfaktor zurück. Die Bilder erzählen somit ihre eigene
Entstehungsgeschichte - und zugleich die Geschichte ihrer von der Zeit gezeichneten Motive.
- 1954 geboren in Heidelberg
- 1973-78 Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste, Wien,
Meisterklasse Prof. Rudolf Hausner
- 1988 Arbeitsaufenthalt in New York
- 1989 Arbeitsaufenthalt in Basel in der
Serigraphiewerkstatt Hans Lanz
arbeitet in D-Langenrain/ Kreis Konstanz
Ausstellungen
- 1989 BIAF, Barcelona International Art Forum
- 1992 26. Internationaler Kunstmarkt Köln, „Art Cologne"
- 1993 1. Realismus Triennale, Künstlersonderbund, Martin-Gropius-Bau, Berlin
- 1994 Konstanzer Kunstpreis, Kunstverein Konstanz
- 1997 Galerie Lilian Andree, Basel
Literatur
- Katalog 1. Realismus Triennale, Künstlersonderbund in Deutschland, Ars Nicolai, 1993
- Katalogbuch „Das Licht der Dinge", Libelle Verlag, CH-8574 Lengwil, 1997
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