Peter Kamm
„Die rötlich-braunen Skulpturen erwecken den Eindruck von Fundstücken, von
Versteinerungen aus der Vorgeschichte. Weder tierisch noch menschlich sind
die urtümlichen Formen, am ehesten noch als amorph zu bezeichnen:
Röhrensysteme, Krater, Saugnäpfe, Auswölbungen stoßen asymmetrisch
nach allen Richtungen in den Raum. Korallenskeletten gleich, präsentieren
sich die monumentalen Skultpuren als Gerüste, als leerstehende Behausungen
organischen Lebens. Sie nehmen eine Zwischenstellung ein, die charakteristisch
für den Ansatz Peter Kamms ist: Das anorganische Material Stein wird in die
Nähe des Organischen gerückt, der Charakter des Steins löst sich auf und nimmt
die Kennzeichen von Lehm oder Holz an: Unterhöhlt statt massiv, porös statt
widerständig, von warmer Farbe und weicher Form statt hart und kalt. Peter
Kamm bezieht damit Stellung gegen die Steinbildhauerei eines Ulrich Rückriem
oder Karl Prantl: Er spürt nicht den Eigenschaften des Steins nach, sondern
verwandelt und durchformt das Material in langwieriger körperlicher
Auseinandersetzung. Indem er scheinbar gegen die Natur des Steins arbeitet, eröffnet
er neue Dimensionen dieser Natur und damit der Steinbildhauerei. Form, Struktur und
Maßverhältnisse der Skulpturen sind alles andere als klar, der Stein als Inbegriff
des fest umgrenzten Körperlichen wird an die Grenze zum Amorphen getrieben. Das
intensive Herausarbeiten der Hohlformen untergräbt die Vorherrschaft der sichtbaren
Oberfläche: „Unterirdisch" mögen sich weitere Schichten und Röhrensysteme anlagern,
dem Blick entzogen. Ebenso ist der Verlängerung der Systeme nach außen in den Raum
kein Endpunkt gesetzt. Diese Großskulpturen ohne Zentrum und Peripherie, ohne klare
Begrenzung entfalten ihre Wirkung nur in der Serie. Die Röhrensysteme und Schichten
wirken dann als Wegweiser und Leitsysteme, die stets nur ihresgleichen zum Ziel haben.
- 1958 geboren in Aarau, Schweiz
- seit 1984 Arbeit als Steinbildhauer
lebt in St. Gallen, arbeitet in CH-Arbon, Stickereistraße,
Tel.: (0041) 71/ 4 46 99 32
Ausstellungen
- 1988 Museum für Gegenwartskunst, Basel
- 1990 Helmhaus, Zürich
- 1991 Kunstmuseum St. Gallen
- 1995 Galerie Erker, St. Gallen
Literatur
- Katalog Peter Kamm „Steinskulpturen 1990-91", mit einem Text von
Konrad Bitterli, hg.v. Kunstmuseum St. Gallen, 1991
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