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Peter Koehl


Das Apparateprogramm von Video und Fotografie ist ursprünglich konzipiert zur Dokumentation von Sensationen, also von Sehens-wertem: Die äußere Realität wird gebannt, in einen Rahmen gebracht (Fotografie) und durch schnelle Schnitte beschleunigt (Video). Peter Koehl benutzt diese Medien gegen ihre Intention. Nicht Distanz, sondern Nähe wird erzeugt, nicht Beschleunigung, sondern Verlangsamung. Der touristische Blick der Kamera richtet sich unerwartet nach Innen, auf das ganz Nahe des Körpers und das Unspektakuläre des Alltags. Die Fotoserie „Ladina" von 1992 ist ausschlaggebend für diese Entwicklung. Die Körpersprache der Tänzerin richtet sich direkt an den Fotografen, statt einer Dokumentation entsteht eine Interaktion von äußerster Intimität. Für den gelernten Industrie- und Modefotografen ist das Erlebnis einschneidend: Es geht nicht mehr um Präsentation eines Vorgefundenen sondern um das Schaffen einer Emotion. Das entwickelte Bild verliert den Charakter der Behauptung „so war es", es lädt sich auf mit Assoziationen, für die das Bildmotiv nur den beiläufigen Auslöser stellt. Das Projekt „Körperreise" führt diesen Gedanken im Medium Video weiter. In äußerster Nahsicht verwandelt sich der feste Körper in Mulden und Grate, in wellenförmige Bewegung. Die Körpereinschnitte ersetzen die Schnitte der Kamera, Zeit vergeht ohne äußerliche Markierung wie Raffung, Dehnung oder Einschübe. Der Blick folgt der verzögerten Fahrt durch die Körperlandschaft wie durch das Fenster eines Zugabteils: Das gleichförmige Gleiten läßt den Blick nach Innen wandern. Auch in der Videoinstallation „Dog Way" wendet Koehl dieses Prinzip an. Auf halbdurchsichtigen Bildträgern, die frei im Raum hängen, projiziert er die Wahrnehmung eines Hundespaziergangs. Der Weg ist so vertraut, daß er zur Bahn der eigenen Gedanken werden kann, rechts und links schieben sich Bäume in steter Überblendung ineinander. Das Geräusch schneller Schritte verdeutlicht den eigenartigen Gegensatz zwischen äußerlich zielstrebiger, funktioneller Handlung und schweifender Innenwelt.

  • 1954 geboren in New York
  • 1979 Abschluß als Industriefotograf, Brown Boveri, Mannheim
  • 1981 Assistenz bei Burda-Moden, Offenburg
  • 1982 Assistenz bei dem Modefotografen Jost Wiltbolz, Zürich
  • 1983-91 Fotojournalistische Arbeit beim Tagesanzeiger Magazin, Zürich
  • 1991-94 Kurs „Visuelle Kommunikation", Schule für Gestaltung, St. Gallen lebt und arbeitet in CH-8555 Müllheim, Haslibach, Postfach 43, Tel.: (0041) 79/ 4 08 12 17
    Ausstellungen/Projekte
  • 1987 Nikon Galerie, Zürich
  • 1992 Eisenbeiz, Shed im Eisenwerk, Frauenfeld
  • „Ladina", Fotoserie über Körpersprache
  • 1993 Videoprojekt „Körperreise"
  • 1997 „Dog-Way", Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen
    Literatur
  • Katalog „Dog-Way", hg.v. Markus Landert, Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen, 1997