Andy Guhl und Norbert Möslang
Die „geknackte Alltagselektronik" der Künstler Andy Guhl und Norbert Möslang ist nichts für
harmoniesüchtige Ohren. Alles, was sonst als störend" für den Musikgenuß empfunden
wird - Knacken,Sausen, Dröhnen, Blubbern und Surren - versammelt sich hier zu einem lärmenden
Klangteppich. Der Gedanke, das jahrhundertelang von den Harmonielehren verachtete Geräusch
gleichwertig neben den musikalischen Ton zu stellen, ist schon den Futuristen gekommen. Neu
an Möslang & Guhls Arbeiten ist die Quelle dieser Geräusche: Ein manipulativer Eingriff an
Billiggeräten wie Plattenspielern, Kofferradios, Tonabnehmern, Mikrophonen, Transistoren
verhindert die Übersetzung der elektromagnetischen Wellen in Klänge. Stattdessen wird die
an sich nicht für den Hörer gedachte Vorstufe des Tons, eben das Geräusch, ausgestrahlt. Diese
ungeordneten, chaotischen, ungelesenen Klangmaterialien zeigen in aufklärerischer Absicht, was
hinter der gepflegten Kulisse der zeitgenössischen Musikkultur steckt: Die Dissonanz als Ursprung
und unvermeidliches Nebenprodukt der Harmonie. An der Grenze zwischen Musik und bildender Kunst
angesiedelt, betonen die Installationen zunehmend das visuelle Moment. Das Motto „alle Klänge
sind gleichwertig", in den Bereich der bildenden Kunst übertragen, führt folgerichtig zu einem
ebenso subversiven Skulpturbegriff. Gleichwertig neben die Funktion der Geräte tritt ihre Ästhetik, um
die sich sonst nur Produktdesigner Gedanken machen. So werden die „Innereien" der ausgeschlachteten
Geräte raumgreifend in Ausstellungsräumen gehängt. Die visuelle Umsetzung der Klänge auf Fernseh- und
Computerbildschirmen läßt gegenstandslose Bilder entstehen. Die durch Regelkreise gesteuerten
Mechanismen der Installationen scheinen sich selbst zu genügen, oft beziehen sie sogar ihr eigenes
Wirkprinzip mit ein: In „Loop 1" sind vier Tonbandgeräte durch eine Schlaufe verbunden. Einziges
Geräusch ist das von einem Gerät aufgezeichnete Aufnahmegeräusch, das durch den Raum wandert. Aber
die Abgeschlossenheit täuscht: Jeder Klang braucht einen Zuhörer. Erst die Bewegung eines Zuhörers
setzt den Aufnahmemechanismus in Gang.
- seit 1972 Zusammenarbeit von Andy Guhl (*1952) und Norbert Möslang (*1952)
zunächst im Bereich des Post-Free Jazz
Ausstellungen
- 1994 „Fernseher zeichnen lassen", Galerie Stampa, Basel
- 1995 „TV-Bilder", Fotoforum St. Gallen
„Surfing Songbirds", Kunstraum Kreuzlingen
„Loop 1", Raum für aktuelle Kunst Prosart, Luzern
- 1997 „Speed Up", Kunstraum Aarau
Soundtracks
- 1983 Film-Vertonung „Der Mann mit der Kamera", Dziga Vertov (UDSSR 1929)
- 1993 Livemusik zu „Un chien andalou" von L. Bunuel, S. Dalì, Kino K, St. Gallen
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