Daniel Gallmann
Der Zeitgeist legt es nahe, Daniel Gallmanns Bilder als „Kitsch Art",
als Parodie religiöser Motive einzustufen. Die Absicht des Künstlers
ist jedoch gänzlich unironisch: Die Rückwendung auf einen beschränkten
Motivkanon - Landschaft und mütterliche Figur - ist Ausdruck eines
generellen Mißtrauens dem Bild gegenüber: Statt des versprochenen
Einblicks zieht jedes neue Bild weitere Schleier vor das Gesuchte.
Daniel Gallmanns „Gegengift" ist ein paradoxer Bildersturm, Bild
wird mit Bild bekämpft. Die mystische Suche nach dem „Urbild" als
einzig angemessenem Ausdruck führt dabei zu einer Art „bildloser Bilder":
in Blöcken von bis zu 28 kleinformatigen Einzelbildern wiederholt sich
jeweils das Motiv der Landschaft oder der Figur. Das Auge folgt den
comicartig aufgereihten Bildern zunächst in gewohnter Leserichtung.
Bald aber wird die Vergeblichkeit dieses Unterfangens bewußt. Denn
in der zunächst holzschnittartig wirkenden Darstellung entfalten
sich minimale Variationen der Farben und Formen, die sich keiner
geradlinigen Erzählung fügen. Gerade durch die scheinbar auf der
Stelle tretende Wiederholung entleert sich der Bilderblock seines
Inhalts. An seine Stelle tritt eine Haltung, die sowohl der Künstler
im Arbeitsprozess als auch der Betrachter einnimmt: Eine endlose
Annäherung ohne endgültiges Resultat. Jedes Einzelbild verweist
durch die geschichteten und mehrmals abgeschliffenen Farbschichten
auf den unumgänglichen „Schleier", der den Charakter von Malerei
ausmacht und hinter dem das „Urbild" notwendig zurückweichen muß.
Die gewählten Symbole der Landschaft und der Madonna-Figur umfassen
dabei einen universalen Sinnhorizont von Natur und Mensch, Zeit und
Ewigkeit: Die hochformatig gehängten Madonnen-Figuren gestalten einen
Innenraum und verweisen auf die menschliche, historische Zeit. Das
Querformat der Landschafts-Blöcke dagegen betont das undifferenzierte
Fließen von Zeit im Außenraum der Natur. Schematische Darstellung, serieller
Charakter und stark abstrahierte Formen sind Ausfluß einer über 10
Jahre dauernden Annäherung des Künstlers an das gesuchte „Urbild" - die
Ähnlichkeit mit den verkürzten Piktogrammen des Informationszeitalters täuscht.
- 1959 geboren in Olten, Schweiz
- 1976-80 Kunstgewerbeschule Basel
- 1981-88 Kunstakademie Düsseldorf
lebt und arbeitet in CH-8580 Amriswil, St. Galler-Straße 24,
Tel.: (0041) 71/ 4 11 27 56
Ausstellungen
- 1995 Galerie Gottfried Hafemann, Wiesbaden
- 1996 Galerie Adrian Bleisch, Arbon
- 1997 Kunstverein Frauenfeld
- 1998 Städtisches Kunstmuseum Singen
Literatur
- Katalog „Exploration", Galerie Hafemann, Wiesbaden, 1994
- Paolo Bianchi: „Retrovision: Vorwärts in die Moderne. Kulturphilosophische
Anmerkungen zum Werk von Daniel Gallmann" in: „Fön", Zeitschrift der Kunsthalle
St. Gallen, Nr. 7, März/ April 1994
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